Von Negativ-Rekorden

Das Meereis in der Arktis hat in den letzten 30 Jahren deutlich abgenommen. Im Sommer und im Winter. Forscher befürchten, dass die Arktis bis in 20, 30 Jahren im Sommer eisfrei sein könnte. Allerdings sind Prognosen für einzelne Jahre schwierig. Letztes Jahr, zum Beispiel, war das Minimum Ende Sommer sehr tief (gelbe Kurve) und es schien so weiter zu gehen: Im Frühwinter entstand nur wenig neues Eis. Im November gab es sogar Tage, in denen das Eis wieder schmolz – sehr ungewöhnlich. Der Winter 2016/2017 war in manchen Teilen der Arktis sehr warm, zum Beispiel in Spitzbergen. Am Nordpol herrschte um die Weihnachtszeit herum fast Tauwetter.

Ausdehnung des arktischen Meereises in sieben ausgewählten Jahren (Sea Ice Remote Sensing, Universität Bremen)

Trotzdem gab es im Sommer darauf, also dieses Jahr, keinen neuen Negativrekord (rote Kurve) – der gehört immer noch dem Jahr 2012 (grüne Kurve). Der Sommer 2017 war relativ kühl, das stabilisierte das Eis. Gegenwärtig ist die Ausdehnung etwa so wie im Rekordjahr 2012. Ich bin gespannt, wie es sich weiter entwickelt.

Tägliche Angaben zur Meereisausdehnung gibt es auch auf der Webseite des US-amerikanischen National Snow & Ice Data Center.

In Nacht und Eis

Die Arktis verändert sich rasant. Mancherorts ist die jährliche Durchschnittstemperatur um 5°C bis 6°C gestiegen. Das Meereis hat stark abgenommen. Diese Veränderungen oder Störungen haben drastische Auswirkungen, Arktisforscher sprechen von «einer neuen Arktis». Zum Beispiel Rolf Gradinger von der Universität Tromsø:

Vom 17.  bis 28. November wird das norwegische Forschungsschiff «Helmer Hanssen» die Insel Spitzbergen umrunden, an Bord Rolf Gradinger und weitere Wissenschaftler. Sie wollen herausfinden, wie die neue Arktis funktioniert. Unter anderem werden sie untersuchen, wie sich in der Polarnacht auf dem Meer das neue Eis bildet.

Bis die «Helmer Hanssen» am 17. November von Longyearbyen ablegen wird, ein paar kurze Blogeinträge. Der erste handelt vom Meereis im Kongsfjord an der Westküste Spitzbergens.

Meereis bildet sich im Winter und es schmilzt im Sommer. Dies gilt eigentlich auch für die «neue Arktis». Allerdings werden die Extreme extremer, und es gibt zunehmend unerwartete Entwicklungen: Regen im Winter zum Beispiel, Minusrekorde beim Meereis im Sommer, und im November 2016 schmolz das Eis auf dem Ozean zeitweise, statt sich neu zu bilden.

Sebastian Gerland bohrt ein Loch ins Meereis, um seine Dicke zu messen.

Auf dem Bild oben ist der Meereisforscher Sebastian Gerland des Norwegischen Polarinstituts auf einem Stück Meereis zu sehen, das er im Mai 2017 in einer Bucht des Kongsfjords im Westen Spitzbergens aufgespürt hat.

Ich habe Gerland damals begleiten können. Die Reportage dazu gibt’s bei Kontext und beim Wissenschaftsmagazin von Schweizer Radio SRF.
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